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Sonntag, 29. Januar 2012
Interview : Reicher werden, sexy bleiben-mit Anmerkungen
(Bild: Das Boot ist voll, Berlin2012)
Auszüge aus dem Artikel des Tagesspiegel vom 16.01.2012 / von Rüdiger Schaper & Andre Schmitz (Kulturstaatssekretär Berlin) - Anmerkungen dazu von Leopold Anton 2012.
.....vorneweg muss festgestellt werden, dass die Lüge und der Betrug auch eine Kulturleistung sind, wenn auch keine sehr konstruktive. ..../
Interview : Reicher werden, sexy bleiben
Um nicht immer nur über die etablierten Häuser zu sprechen: Auch das jüngst so erfolgreiche Ballhaus Naunynstraße braucht eine neue Leitung, die Gründerin Shermin Langhoff geht zu den Wiener Festwochen, ein herber Verlust für Berlin.
.../ Aber wir sind über die Nachfolge im Gespräch, auch mit Shermin Langhoff. Kulturpolitisch ist das Ballhaus Naunynstraße von großer Bedeutung. Denn hier geht es um ein großes Thema der Zukunft, um kulturelle Vielfalt. Ich sehe darin die kulturpolitische und intellektuelle Herausforderung der nächsten Jahre für Berlin. Unsere Stadt mit 850 000 Menschen, die einen anderen als den originären deutschen Hintergrund haben, ist dafür prädestiniert. Die Mehrheitsgesellschaft hat die Chancen und den Reichtum, der darin steckt, noch viel zu wenig erkannt, es ist wirklich Neuland, auch in Berlin. Dafür wollen wir einen kulturpolitischen Fahrplan entwickeln. Wie können wir die kulturelle Vielfalt stärker fördern? Auch unsere großen kulturellen Einrichtungen müssen sich diesem Thema stellen.
****Anm: na ist ja ganz was Neues, dass es die großen Anderen gibt die einen anderen als den originären deutschen Hintergrund haben, das ist kein Neuland das ist ein alter Hut. Neuland wäre das endlich zu akzeptieren und daraus etwas zu machen. Die Gesellschaft ist durch die Politik zu vertreten ohne immer nur auf Mehrheiten zu schielen und wenn sich wer auf eine "Mehrheitsgesellschaft" beruft dann schmeckt dies nach anrüchiger Propaganda, derlei Formulierungen sind eines "Kultursekretärs" nicht würdig.
..../ Ihnen wurde oft ein uninspirierter Pragmatismus vorgeworfen. Die Berliner Kulturpolitik für die Zukunft ist wohl keine reine Kulturpolitik mehr. Es geht, zumal in der freien Szene, um Immobilien und Strukturen. Wo haben Sie da Einfluss?
Wir nennen das „Orte sichern“, Proben-, Aufführungs- und Atelierräume zum Beispiel. Bei C/O Berlin, der Fotogalerie, ist das gelungen. Aber was war das für ein Riesenkraftakt! Der Druck auf Kulturinitiativen gerade im Innenstadtbereich wächst enorm. Wir brauchen eine neue Liegenschaftspolitik, darüber bin ich mit dem Bausenator im Gespräch. Eine solche Politik darf nicht nur auf den höchsten Verkaufserlös schielen, man muss auch darauf achten, welche Konzeptionen die Käufer haben. Es geht um Konzepte und Ideen, auch bei Investoren, die sich auf lange Sicht für die Stadt kulturell rentieren. Ich kämpfe deshalb dafür, dass die Kulturverwaltung im Liegenschaftsausschuss für die städtischen Grundstücke eine Stimme hat, wenn es um kulturell relevante Flächen und Immobilien geht. Wir brauchen eine engere Verzahnung von Bauverwaltung, Kulturverwaltung und den Bezirken.
****Anm: Orte sichern wohl kaum - zur Erinnerung die Ausstellung "Based in Berlin" (eine mehr als peinliche Sache die zum Glück für uns alle, international gar nicht rezipiert wurde) sollte dem Kultursenator als zeitgenössisches Kunstfeigenblatt dienen. Dazu wurde die Kunsthochschule Weissensee aus ihren Ateliers im Monbijoupark geworfen, der Abriss der Gebäude war bereits beschlossene Sache. Nur die große öffentliche Empörung über diese Winkelzüge und die grottenschlechte Ausstellung retteten die "Kulturräume", aber nicht für die Kunstuni und die Lehre sondern für die kommerzielle Fotogalerie C/O.
Für wen, wofür wollen Sie Orte sichern?
Für kreative Menschen, für Künstler, es geht dabei ums Ganze. Die Stadt lebt in einem hohen Maß von ihnen. Dafür wird Berlin international wahrgenommen. Aber da müssen wir handeln, da ist Gefahr in Verzug. Dagegen gibt es in Tegel, Tempelhof Freiflächen, wie sie kaum eine andere Metropole auf der Welt noch hat. Die neue Metropolenbibliothek in Tempelhof könnte ein Anker zur Schaffung kreativer Räume rings umher werden.
****Anm: Es geht ums Ganze und nicht um Tegel, Tempelhof, Kreativghettos oder Metropolenbüchereien. Grundsätzlich besteht jede menschliche Siedlung aus kreativen Räumen, es sei denn Investmentbilligarchitektur steht leer und die Räume werden damit leblos im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wahrnehmung Berlins auf internationaler Ebene ist nur bedingt steuerbar, man bräuchte keine Studien anfertigen zu lassen um herauszubekommen, dass gerade das wilde, ratzige, bunte und unsanierte Berlin mit all seinen unverwechselbaren Nischen die Attraktivität der Stadt ausmacht. Auch die gemischten Viertel der Stadt sind alles was wir an Charme besitzen. Die Glattsanierungen in Zeiten des Investmentdiktates zerstören das "Kapital" Berlins.
Das klingt plötzlich nach Aufbruch, nach einer völlig neuen Kulturpolitik?
Ja, schon, in Sonntagsreden klingt das toll. Aber im Detail ist es ungeheuer schwierig. Wir bewegen uns in einem kapitalistischen Rahmen, der freie Markt bestimmt die Dinge. Da können Künstler und Kreative oft nicht mithalten. Die Erwartungen an uns Politiker sind ungeheuer hoch, und wir werden auch nicht alle erfüllen können. Aber dass Politik Rahmenbedingungen setzt und gegebenenfalls steuernd eingreift, darf man verlangen und erwarten.
****Anm: "../Ja, schon, in Sonntagsreden klingt das toll."- Wie Wahr (!), wir bewegen uns gefühlt in einem kapitalistischen Rahmen, reden wir uns zumindest andauernd ein, aber freier Markt ist weit und breit keiner zu erkennen. Gerade das Aufweichen der Rahmenbedingungen durch die Politik verunmöglicht immer mehr das steuernd eingegriffen werden kann. Absprachen, Hinterzimmerabsprachen, juristische Schachzüge und Korruption verunmöglichen die freien Märkte, die Stadt wird verschachert. Sogar unter den Augen der Justiz ist es an der Tagesordnung das im Finanz- und Immobilien(un)wesen offen gedealt wird (siehe Zwangsversteigerung Tacheles Areal). Insofern sind die Erwartungen an die Politik gar nicht hoch sondern zur Gänze enttäuscht, das hat niemand verlangt es haben aber sehr viele erwartet.
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Wie lange ist Berlin noch bezahlbar?
Wir sind auf dem Weg zu einer gewissen Normalität. Arm, aber sexy gilt nicht mehr – wir werden immer reicher und wollen sexy bleiben. Das ist der Spagat.
****Anm:
Wer ist wir?
Wenn der Raubbau am Menschlichen, und da ist die kreative Ebene nur eine von vielen, so weitergeht ist Berlin morgen arm und mitnichten sexy.
Der Spagat zwischen "gut leben auf Kosten Anderer" und "gut sein mit Anderen" ist in der Tat nicht möglich.
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HINTERGRÜNDIGES BRAUCHTUM:
SO GEHT ES: 100 MILLIONEN FÜR DIE KUNST
SO KANN ES GEHEN - PLÄNE eines TU Masterlehrganges 2011
Vorgänge rund um das Tacheles Viertel:
Investitionsvorrangbescheid Privatisierung in den 90ern
http://kritikdesign.blogspot.com/2011/09/euer-land-wurde-verschachert.html
strategische (?) Zwangsverwaltung des Jagdfeld 2007-2011?
http://kritikdesign.blogspot.com/2011/10/euer-land-wurde-verschachert.html
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