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Sonntag, 21. Dezember 2014
Angst für Deutschland
(Wenn Freiheit zur Angst wird, fällt so manchem Sachsen das Lächeln schwer....)
In Dresden geht die latent rechte Mitte der Gesellschaft zu Tausenden für Deutschtümelei und Heimatreligion auf die Strasse. Der Bundespräsident zündelt unablässig mit seiner rechten Gesinnung im Heuhafen der einfach gestrickten Weltbilder herum und durchgeknallte, selbsternannte Scheichs dienen der Journaille als auflagefördernde Angstmacher. Angst hat wieder Konjunktur, sie wird zum Motor eines im Sterben liegenden Eurozentrismus bzw. seines unrealistischen Rettungsversuches, der angeblichen Globalisierung. Die radikalen egomanischen Kleinbürger schaffen sich einen Feind den es gar nicht gibt, insofern wundert es nicht, dass der zu bekämpfende böse Andere genau dort aus dem Reich der geistigen Umnachtung tritt, wo er gar nicht existiert. Die dumpfen Bürgermassen demonstrieren gegen ihren eigenen Ungeist. Die Grenze des demokratischen Ansatzes der vergangenen Jahrzehnte ist damit erreicht, Demokratie bedeutet nicht "jeder darf", die klassischen Bürgerrechte müssen somit neu verhandelt werden.
Schon Jacques Lacan postulierte den großen Anderen (der man letztlich immer nur man selbst ist) und das Imaginäre, als eine Art freudscher Verdrängungsmechanismus der die eigene Angst einem imaginierten Anderen überstülpt, um so einen handhabbaren Feind zu schaffen, der für die eigenen Ängste verantwortlich zeichnet und der bekämpft werden kann. Das gefühlte eigene Unvermögen wird auf diese Anderen übertragen und so, zumindest kurzfristig, erträglich. Dass das eigene Unvermögen vielleicht nur Folge der gesellschaftlichen Entwicklungen ist, also gar nichts mit einem selbst zu tun hat, wird ausgeblendet. Kurzfristig funktioniert diese Startegie, mittelfritig aber erzeugt sie außer Leid, bei tatsächlichen Anderen die das Pech haben Zielsubjekte der Projektion zu sein, noch mehr Angst bei den Verdrängern selbst, die Gewalt als Lösungsstrategie-Schlange beisst sich in den eigenen Schwanz.
Insofern sind die pathologischen Patrioten in Dresden und anderswo ein Schulbeispiel aus dem Reich der Psychologie. Dies alles wäre kein Problem würde nicht die Politik und der Medienmarktbetrieb diese Ängste noch schüren, um sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Es ist nicht einzusehen warum der Medien- und Politikbetrieb den rechten Pachulken einen derart großen Wahrnehmungsraum öffnet und diesen mit perverser Lust unablässig erweitert. Dies gilt auch für den sogenannten Islamismus, die Hysterisierung in freudschen Sinne erzeugt nicht nur irrationale Ängste hierzulande, sondern eröffnet auch jedem Spinner die Möglichkeit sich selbst, in einem Akt der plakativen Selbstvernichtung, in die Geschichte der angeblichen Märtyrer einzuschreiben egal ob Christ-, NeoNazi- oder Islamist. Der australische "Scheich" und seine kleine Geiselnahme wäre in naher Vergangenheit keine Meldung wert gewesen, dieser Tage aber, wurde die Tat des verwirrten, radikalen Versagers medial und politisch hochstilisiert zu einem terroristischen, islammotivierten, bösen Ereignis, dass dem rechtspopulistischen Regime Australiens und des "freien" Westens die Möglichkeit gibt, Anderslebenden (Gläubige,...in ihrer gesellschaftlichen Struktur noch nicht konsumfaschistischen Menschen...) ihre Existenzberechtigung abzusprechen. So werden im 21 Jahrhundert neue Märkte für neufreiheitlichen Kahlschlag erobert und konsolitiert.
Die Angst vor dem Anderen in sich selbst, funktioniert durchaus zum kurzfristigen Vorteil der Märkte. Auch die Friedensbewegung 2.0 ist ein solches Beispiel für schlichte Lösungen und Erklärung zu hochkomplexen Zusammenhängen, ihre pseudolinke Propaganda verkürzt den Kapitalismus auf Zins und Giralgelddiskussion und blendet die innere Widersprüchlichkeit der Konzern- und Kapitalverhältnisse fast gänzlich aus, antisemitische Töne und Verschwörungsphantasien feiern fröhlich Urstände. Auch diese wahnmachenden Montagsbewegungen erschaffen sich ein imaginiertes Feindbild, dass das Selbst freispricht und die Anderen in Haftung nimmt, das genaue Gegenteil von Frieden wird damit denkbar und ermöglicht. Beide Bewegungen, so man sie überhaupt so bezeichnen möchte, vollziehen ein interessantes aber fatales Argumentationskarussell, "ich/wir sind bedroht und damit potentiell in einer Opferrolle es ist Zeit sich zu wehren und Widerstand zu leisten, damit ist es mehr als legitim wieder Täterschaft zu übernehmen." So macht sich der Täter zum Opfer um weiterhin tatkräftig Gewalt anwenden zu können. Dies ist kein deutsches Phänomen sondern eine uralte Geschichte der Selbstlegitimation von Minderwertigkeitskomplexlern im angstgesteuerten Größenwahn, dann alles tun zu können, um die eigenen Egoismen mit Mord und Totschlag durchzusetzen.
Die ewigen Kinder der pervertierten Märkte bemerken vor lauter Phantasmen nicht, dass sie sich selbst in die Pfanne hauen. Die zeitgenössische Medienschelte ist an Dummheit nicht zu überbieten, nur weil es noch sehr wenig Journalismus gibt der eben nicht wertet, polemisiert und pseudogeistigen Dünnpfiff verbreitet bedeutet das nicht, dass der Medienbetrieb per se von übel sei. Noch kann man sich informieren, eigentlich musste man immer schon mehrere Blickwinkel betrachten um sich eine Meinung bilden zu können. Wie schrecklich wäre ein Internetmediendiktat, dass jeden Deppen zum Journalisten hochstilisiert und jede Blöd(Blog)heit als "freie Meinung" verkauft. Die Gesellschaft der immer mehr werdenden radikalen Verlierer (ob Christen, Muslime, Nazis oder Biofreaks,...) ist die Folge von mörderischem Retro-Früh-Kapitalismus und der damit einhergehenden sozialen Ungerechtigkeit. Ohne Verschwendungreduktion und Bildung wird es nicht gehen, gleichgültig ob hüben oder drüben, die notwendige Verteilung wird von reich nach arm stattfinden müssen, in unserer globalisierten Welt bedeutet dies erstmal vom Norden nach Süden und nicht von Flüchtling nach wehleidigem HartzIV Empfänger der glaubt Opfer zu sein. Es wird Zeit nicht jedem Christist, Islamist oder bioneurotischen Selbstoptimierer medialen Raum zu geben und die wirklich drängenden Fragen zu beackern, TTIP und CETA-Mafia Abkommen in die Tonne zu treten und über die Vernunft zu reden. Die Angst für Deutschland macht die Gesellschaft zu einem alten Neofaschisten der dem umfassenden Vergessen anheimfällt, denn am Ende werden wir sonst alle ein wenig AFD - Alzheimer für Deutschland.
PS: Nietzsche irrt mit seiner These (sehr verkürzt dargestellt) - von wegen "Gott wäre tot", was nie existiert hat kann auch nicht getötet werden. Mit "Macht nicht Wahrheit" hat er aber recht, die jeweils dominierende Macht schöpft die Wahrheit, damit wird Betrug und Nichtwahrheit zum wirklichkeitsschaffenden Glaubensprogramm, die Tatsächlichkeit aber bleibt auf der Strecke. Die pathologischen Patrioten in Europa, Asien, Australien, Afrika, Nord und Südamerika belegen dies. Oder verständlicher formuliert - Gott und Intelligenz existieren nicht, sie sind im Universum nicht notwendig, die Sache läuft ganz von alleine......
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