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Samstag, 18. Februar 2012
Kunst&Kampf (Bernd Langer) @TachelesBiennale2012
Kunst&Kampf (Bernd Langer) @TachelesBiennale2012
Im Rahmen der Tacheles Biennale erscheint das Plakat "300 Jahre deutsches Pack" von Bernd Langer, im folgenden der Text zur Arbeit.
300 Jahre deutsches Pack
Friedrich-Jahr 2012, das heißt Gedenken an Friedrich II., geboren 1712. Es gibt Veranstaltungen, Bücher, Filme, Ausstellungen und vor allem auf den Fremdenverkehr ausgerichtete Aktivitäten, die den preußischen Herrscher popularisieren.
Zweifellos zählt Friedrich II. zu den überragenden Gestalten‚ des 18. Jahrhunderts und bietet sich daher als Projektionsfläche für facettenreiche Betrachtungen an: Friedrich der Feldherr, Friedrich der Philosoph, Friedrich und die Kartoffel ...
Doch Vergangenheit ist immer Interpretation und die inhaltliche Ziellosigkeit des Friedrich-Jahres dokumentiert, was herauskommt, wenn man vor allem das Geschäft im Auge hat. So wird der preußische Monarch als eher harmlose, mittlerweile historisch abgelegte Gestalt dargestellt. Doch Adel basiert auf Mord und Totschlag, steht für Unterdrückung und Ausbeutung und ist zum Glück 1918 durch die Revolution in Deutschland abgesetzt worden. Allerdings verfügt der „Hochadel“ bis heute über große Teile der von seinen Ahnen zusammengeraubten Gelder und Güter. Nach der Wiedervereinigung ist überdies noch einiges hinzu gekommen und das Prestige gestiegen. Und wenn man die Regenbogenpresse zur Hand nimmt, stellt man schnell fest, dass sich mit dem abgetakelten hiesigen Adel durchaus noch Schlagzeilen produzieren lassen. Doch Adel ist immer reaktionär, immer Pack und per se abzulehnen, wie insgesamt ererbte Privilegien.
Der unkritische Bezug zur monarchistischen Vergangenheit ist dabei nur ein Teil des politisch rückwärts gewandten Friedrich-Jahres. Viel problematischer ist, dass das Bündnis des „alten Preußentums“ mit dem Nationalsozialismus faktisch unter den Tisch gekehrt wird. Dabei bildete diese Verquickung die Grundlage für den NS-Staat und das zeigt sich vor allem an der Figur Friedrichs II.
Am 28. Februar 1933 brannte der Reichstag. Die Nazis nutzten das Ereignis, um mit der geballten Staatsmacht gegen ihre politischen Hauptgegner, die Kommunisten, vorzugehen. Die Nazis bezichtigten die KPD der Brandstiftung und erreichten, dass Reichspräsident Paul von Hindenburg im Handumdrehen die Reichstagsbrandverordnung „zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“ erließ. Die Grundlage dieser Notverordnung bildete der Artikel 48 (Notstand) der Weimarer Reichsverfassung. Noch in der Nacht gab es die ersten Verhaftungen, wobei Polizei, SA und SS zusammenarbeiteten.
Die Verordnung richtete sich aber nicht nur gegen Kommunisten, sondern setzte die Bürgerrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft. Damit war eine entscheidende Weichenstellung auf dem Weg zur Nazi-Diktatur erfolgt.
Am 5. März 1933 wurde ein neuer Reichstag gewählt. Zwar trat die KPD zur Wahl an, konnte aber kaum noch agieren. Ihre führenden Politiker waren in Haft oder auf der Flucht. Den Nationalsozialisten gelang es trotz ihres Staatsterrors unterdessen nicht, die absolute Mehrheit zu erreichen. Zum Regieren waren sie auf eine Koalition mit der rechtskonservativen DNVP des Paul von Hindenburg angewiesen.
Um dieses Bündnis wirkungsvoll zu inszenieren, wurde der neue Reichstag am 21. März 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche eröffnet und damit auch der alte preußische Geist und vor allem der Mythos Friedrichs II. bemüht. Der „Tag von Potsdam“, im nationalsozialistischen Sprachgebrauch auch „Tag der nationalen Erneuerung“ genannt, fand als Spektakel mit Aufmärschen, Feldgottesdiensten usw. statt und wurde deutschlandweit im Rundfunk live übertragen. Als Höhepunkt kam es zur Begegnung von Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg vor der Kirche. „Der Marschall“ und „der Gefreite“ reichten sich die Hände. Dies wurde zum Sinnbild für die Verbindung von Nationalsozialismus und Konservatismus.
Zur Verherrlichung dieses Bündnisses und damit des Machtantritts der Nazis erschien eine Sonderbriefmarke zur Eröffnung des neuen Reichstages. Diese erste Briefmarke des Dritten Reiches zeigt in einem Medaillon ein bekanntes Portrait Friedrichs II. von Adolf Menzel.
Um die Macht der Nationalsozialisten allerdings vollkommen zu machen, sollte am 24. März 1933 ein „Ermächtigungsgesetz“ verabschiedet werden, das eine Verfassungsänderung vorsah, mit der sich die Nazis ihre diktatorischen Vollmachten selber geben konnten. Für diese Verfassungsänderung war eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag nötig. Das bedeutete, dass auch Politiker der liberalen Partei und des Zentrums für dieses Unterfangen gewonnen werden mussten. Mit Propaganda und Einschüchterung durch SA und SS wurde auch dies erreicht.
Im Friedrich-Jahr 2012 werden diese historischen Verknüpfungen kaum benannt. Friedrich II. dient einem kritischen, aber dennoch positiven Vergangenheitsbezug und wird für die Förderung des Tourismus funktionalisiert.
Ich halte es für wichtig, dieser Verblödung etwas entgegenzuhalten. Natürlich ist es nicht zu verhindern, dass der Adel sich selbst feiert und die Medien ein entsprechendes Bild zeichnen, aber zumindest kann (und sollte) man ihnen in die Suppe spucken. Aus diesem Grund entstand das Plakat „300 Jahre Deutsches Pack“, dessen Ausgangspunkt die erste Briefmarke des Dritten Reiches bildet.
Das Plakat kann über kuk[at]ajz.de bestellt werden. Das Einzelplakat kostet 5,– € plus Versand, Preise für höhere Stückzahlen bitte erfragen.
->> Tacheles Biennale-Epistel Panel 1
_>> Tacheles Biennale-Epistel Panel 2
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