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Freitag, 24. Oktober 2014
NR_1: Mensch Müller
(Bild: in Berlin bekommt das Wort Schläfer eine völlig nue Bedeutung...)
"NR (-1,...)" sind Nachrichten-Reloaded, diese neue Rubrik des Kritikdesign kümmert sich um "das Sein der Nachrichten danach". Die NEWSstampede dieser Zeit generiert die Nachricht und verwirft sie unmittelbar danach, die Informationskonsumenten glauben, in quasireligiösem Eifer, die ihnen vermittelten Nachrichten die von unmittelbar folgenden Infomationen sogleich wieder ausgelöscht werden. So scheint man informiert zu sein obwohl man doch nur neben einem manipulierten Fluss von Daten sitzt die sofort vergessen werden müssen um neuen Informationen Platz zu schaffen. Anstatt Transparenz, Aufklärung und medialem Diskurs entsteht lediglich ranziges Datenfett das im Infoschaum unserer Tage sofort folgenlos untergeht, eine perfide From von Überladungszensur die die Tatsächlichkeit der Dinge ebenso verschleiert wie totalitäre Nachrichtensperren. Nachrichten-Reloaded versucht den hysterischen Newsfeeds ein Schnippchen zu schlagen und die Nachrichtenflut zu verlangsamen bzw. auf der Zeitachse zu versetzen, um so relevante Nachrichten zumindest ein weiteres Mal zu wiederholen um doch noch einen Diskurs zum jeweiligen Thema in Gang zu halten. Anders ausgedrückt: Nichts aber auch gar nichts ist so wie es scheint, Ereignisse die Nachrichten erzeugen sind nicht vorbei, nur weil sie durch neue Begebenheiten überschrieben werden.
Aber nun vom Datenkorn zum Berlinmüller ….
Die Berliner SPD hat gewählt und sie traf sozialdemokratisch-zielsicher die Schlechteste aller Wahlen. Der Streberkronprinz des Abschied nehmenden Hauptstadtmonarchen machte das Rennen. Müller wird Regierender Bürgermeister von Berlin, die Wowereit Seilschaften sind gerettet, der Berliner Kunst-, Start Up- und Immobilenblasenboom kann weiter gehen, die alten "Netzwerke" in Wirtschaft und Politik bleiben intakt. Um Gegenwart und Zukunft kümmert sich auch weiterhin nicht wirklich irgendwer, die Hauptstadt-SPD auf ihrem Weg in den 2016er Wahldebakel-Abgrund.
Jan Stöß wäre eine gute Wahl gewesen, jung und unverbraucht hätte er zumindest für kurze Zeit politischen Gestaltungsraum zur Verfügung gehabt. Stattdessen gibt es für die Berliner ein "weiter so", Ausverkauf der landeseigenen Liegenschaften zu Schleuderpreisen, scheinböse SPDzungen könnten von Heuschreckenfütterungen sprechen, StartUp-Blasenförderung zur endgültigen Suspendierung jeglicher Arbeitnehmerrechte und der digitalen Aufweichung zivilisatorisch wichtiger Sozialstandarts und eine unsägliche Olympiabewerbung durch die Volksbeteiligungs-Hintertür.
Fälschlicherweise verwechseln wir heutzutage gerne Seilschaften mit Netzwerken. Das konstruktive Vernetzen bzw. in Netzwerken zusammenzuarbeiten wird mit Seilschaften, also dem Zusammenwirken Einzelner an einer Seilschaft Beteiligten und eben von dieser (meist abgeschoteten) Seilgemeinschaft Abhängigen gleichgesetzt. Unter Stöß wären die Seilschaften des Ausverkaufs der Stadt zumindest für eine Weile in Frage gestellt worden, vielleicht wäre sogar die eine oder andere Leiche der Hauptstadtwerdung aus ihrem finsteren Grab an die Oberfläche gekommen. Es hätte sich ein politisches Spielraumfenster geöffnet das der Stadt gut getan hätte.
Berlin braucht neue Ideen und Intiativen, Jan Stößs Programm wäre ein Schritt in diese Richtung gewesen, außerdem hätte mit ihm die Berliner SPD die Chance zu einer echten Verjüngung und damit Politikerneuerung haben können, gerade im Hinblick auf die Wahlen 2016 hätte man dies als kluges Handeln interpretieren können. Wie es aber aussieht, geht es lediglich darum den Status Quo solange wie möglich aufrecht zu erhalten um den Hauptstadtseilschaften ein ungestörtes weiterwursteln zu ermöglichen, noch kann man ja am Eigentumswohnungsbetrug und dem digitalen Start Up Schwindel zumindest kleines Geld verdienen. Insofern haben die SPD Pensionisten schon realistisch abgestimmt, frei nach Adorno „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ haben sie bestimmt das Berlin weiterhin der falschen Politik des Seilschaftsgemauschels festhält.Es bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft tatsächliche Netzwerke der Vernunft und Solidarität entwickeln, die den Schaden, der von Berliner-Filzern angerichtet wird reparieren können.
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